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Zum "Olympischen Gedanken" anlässlich der XXVIII. Olympischen Spiele in Athen

(26. August 2004)


 


 

Nun gehen die XXVIII. Olympischen Spiele in Athen auch zu Ende, Während dieser spannenden und zugleich beeindruckenden Phase, wurde ich durch zwei Artikel in der "Athener Zeitung" und in "Psychologie Heute" sehr nachdenklich.

Unter dem Titel "Doping-Skandal bei Gewichthebern" berichtet die "Athener Zeitung" in ihrer Print-Ausgabe vom 20. August 2004 wie folgt:

"Einen Tag nach dem R�cktritt von Kostas Kenteris und Katherina Thanou erschütterte ein weiterer Doping Skandal die olympische Familie. Fünf Gewichthebern wurde die Einnahme von Dopingmitteln nachgewiesen. Es handelt sich nach Angaben der IOC-Pressesprecherin Giselle avis um Viktor Cislean aus Moldawien, Zoltan Keskes aus Ungarn, Uafa Amouri aus Marokko, um die Inderin Tratima Koumari und die 26jährige Türkin Soule Sabaz. Letztere wollte an den Olympischen Spielen teilnehmen, während die anderen vier, obwohl angemeldet, nicht nach Athen gereist ind. (dim)"

Dieser Thematik trägt auch der Beitrag von Andreas Singler �Olympia: Erwarten wir zu viel von der`'Muskelreligion'" in dem Magazin "PSYCHOLOGIE HEUTE", Ausgabe September 2004, Rechnung. Dazu ein kleiner Ausschnitt:


"Citius, altius, fortius. [Anm.: Schneller, höher, stärker] Man wird dem geistlichen Urheber dieses Mottos seinem weltlichen Anwender wohl kaum gerecht, wenn man es lediglich als Plädoyer für Schnelligkeit, Sprung- und Muskelkraft interpretiert. Zwar sah der pädagogisch ambitionierte Pierre de Coubertin im Sport ein "Muskelreligion". Gesteigert werden sollte jedoch nicht nur die körperliche Leistungsfähigkeit. 'Olympismus', schrieb Pierre de Coubertin, 'ist die Lehre von der Brüderschaft von Körper und Geist.' Es ging, keineswegs ein neuer Ansatz, um menschliche  Vervollkommnung. Vorbild hierfür war das antike griechische Menschenbild, wie Platon es for-muliert hatte. Davon sollte nicht zuletzt der Weltfrieden profitieren."

Nach dem intensiven Lesen beider Artikel holte ich nunmehr meine eigenen Überlegungen zum "Olympischen Gedanken" wieder aus dem Schreibtisch. Sie lagen schon ein paar Tage, seit dem Zeitpunkt, wo das Olympische Feuer in Berlin präsent war. - Ich merke, es ist aktueller denn je.

Der olympische Gedanke

Die Idee dazu ward geboren, als ich mich mit dem Fackellauf der Olympischen Spiele in Berlin beschäftigte. [Anm.: bezogen auf den Fackellauf am 30. Juni 2004 in Berlin]  Intuitiv griff ich zu Nikos Kazantzakis "Im Zauber der griechischen Landschaft" und fand im einleitenden Absatz zu "Olympia" folgendes Zitat:

"Alles in Griechenland, Berge, Flüsse, Meere, Ebenen 'werden vermenschlicht' und sprechen zum Menschen in einer fast menschlichen Sprache. Sie drücken ihn nicht nieder, sie quälen ihn nicht; sie werden zu Freunden und Mitarbeitern."

Eine Tiefgründigkeit beinhaltet dieses Zitat. Denken wir an Olympia, so reflektieren wir die Anfänge der Olympischen Spiele um 746 v. Chr. (Quelle: Nicholas Gage in "�Hellas"). Kämpfe, "den Body zur Schau stellen", Bewunderung, Ruhm und Ehre erhaschen. Nur die Besten waren vertreten.

Auch heute treten nur die Besten eines Landes an. Sie sind stolz, dabei zu sein. Es geht nicht mehr darum, den wohlgestählten Körper zu zeigen (wobei es durchaus sehr sehenswerte gibt) - nein, nur ihre Leistung möchten sie zeigen.

Jeder Teilnehmer in der Arena und auch zu Hauss weiss, dass diese (Best-)Leistungen nur zustande kommen, wenn ein gutes Team dahintersteht. Sei es der Trainer, der Arzt, die Familie - die Fans. Allein diese Aufzählung genügt, um hier mein Eingangszitat von Kazantzakis einzufügen. Für Griechenland gilt das Zusammenspiel der Crew "Berge, Flüsse, Meere, Ebenen". Jedes Glied hat seine Funktion, seine Begabung, sein Talent und ist ein Bestandteil des Ganzen.

Und so stehen hinter dem einzelnen Sportler eine Vielzahl von Menschen, die er achtet. Er achtet sie dafür, dass sie ihn unterstützt haben, bis zu Olympia zu gelangen. Er achtet jeden einzelnen für sich und diese achten sich auch untereinander. Denn die Teilnahme an Olympia ist ihre Arbeit, das ist ihr Lohn.

Auch wir zeigen aus der Ferne unsere Achtung all den Sportlern und Teams. Wir freuen uns auf das Olympische Feuer, das in wenigen Tagen Berlin erreicht. Prominente werden diese Fackel auf einer weiten Strecke durch Berlin tragen. Zuschauer werden die Strassenränder säumen, um sich diesen Lauf anzusehen. Der Stolz Berlins, die Flamme in der Stadt zu haben; der Stolz Griechenlands, Austragungsort zu sein - all das sind Formen der Annerkennung und Achtung vor den einzelnen Sportlern.

Dieser olympische Gedanke der Achtung und des Respekts ist überall und in jedem Bereich dringend notwendig. Was ist ein Chef, der nur noch deligiert statt agiert? Wenn er nicht mehr nachvollzieht, was sein Background macht? Was fühlt der Mitarbeiter, wenn seine Arbeit nicht mehr gesehen oder geachtet wird? Was soll die Floristin in der Buchhaltung, wenn sie auf wunderschöne Sträusse und Kränze spezialisiert ist, aber nichts mit Zahlen anfangen kann...

Insbesondere das letzte Beispiel zeigt doch auf, dass jeder nach seinen Fähigkeiten und Fertigkeiten Achtung und Aufmerksamkeit verdient. Eine Abwertung oder Geringschätzung des einzelnen ist zugleich ein Ausdruck für die Destabilität des gesamten Teams. Hier wird dem olympischen Gedanken Rechnung getragen.

Achtung, Aufmerksamkeit, Respekt und Liebe - auch hier kommt ein Teil Olympia dazu. Diese vier grossen Worte liessen sich während der Olympiade mit hoher Wahrscheinlichkeit verbinden. Die Geschichte besagt, dass während der Austragung der Olympischen Spiele Waffenstillstand herrschte und kein Krieg zu führen war. Frieden und Ruhe.

Frieden und Ruhe ist ein dringendes Bedürfnis, das überall auf der Welt vorhanden ist. Auch dafür setzen die Olympischen Spiele ein Zeichen.

Der olympische Gedanke, der momentan sehr verstärkt in unseren Köpfen ist, sollte vielleicht auch dazu anregen, mehr auf die Stärken unserer Mitmenschen, Mitstreiter, Freunde zu achten - und sie nicht wegen ihrer Farbe, Sprache, Religion oder anderen Dingen abzuwerten oder gar zu bewerten.

Lassen wir den olympischen Gedanken nicht nur alle vier Jahre aufkeimen, sondern lassen wir ihn ruhig in unseren Köpfen und Herzen wachsen und gedeihen.

"Schimpfe auf Dich selbst, nicht aber auf die Sonne, wenn dein Garten nicht blüht." (Chinesisches Sprichwort)


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(sinngemäß zu Kreta-sensitiv)